EU-Empfehlung zur Koordinierung der nationalen Kontrolllisten

von | 22. April 2025 | Audit, Dual-Use, ICP

Am 8. April 2025 hat die Europäische Kommission die Empfehlung (EU) 2025/683 zur Koordinierung der nationalen Kontrolllisten für Güter mit doppeltem Verwendungszweck verabschiedet. Die Maßnahme zielt auf eine Stärkung der Kohärenz innerhalb des gemeinsamen EU-Ausfuhrkontrollsystems ab und basiert auf Artikel 292 AEUV. Die Empfehlung ist zwar rechtlich nicht bindend, entfaltet jedoch durch ihren politischen und praktischen Rahmen eine erhebliche koordinierende Wirkung.

Die Empfehlung ergänzt die Verordnung (EU) 2021/821, welche das unionsweite Kontrollsystem für Dual-Use-Güter regelt. Nach Artikel 9 dieser Verordnung sind die Mitgliedstaaten berechtigt, nationale Kontrolllisten einzuführen, um über die unionsweite Liste hinausgehende Güter der Genehmigungspflicht zu unterstellen – etwa aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder der Einhaltung internationaler Verpflichtungen.

In der Praxis führte dieses nationale Ermessen bislang zu signifikanten Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten, was Transparenz, Berechenbarkeit und Einheitlichkeit der Exportkontrollen beeinträchtigte. Die Empfehlung 2025/683 greift nun eine zentrale Forderung des „Weißbuchs über Ausfuhrkontrollen“ der Kommission vom Januar 2024 auf, nämlich die bessere Koordinierung nationaler Listen.

Die Empfehlung legt ein freiwilliges, strukturiertes Verfahren zur Abstimmung nationaler Kontrolllisten vor. Im Kern geht es um:

  • Frühzeitige Information und Abstimmung zwischen Mitgliedstaaten und Kommission zu beabsichtigten nationalen Maßnahmen;
  • Die Verwendung objektiver technischer Kriterien und Risikobewertungen bei der Erstellung nationaler Listen;
  • Die gegenseitige Berücksichtigung von Stellungnahmen sowie die gemeinsame Annahmezeitpunkte, soweit machbar;
  • Einen verstärkten Informationsaustausch nach Listenveröffentlichung, etwa zur Umsetzung und Wirksamkeit der Maßnahmen.

Der Anhang der Empfehlung spezifiziert diese Abläufe, einschließlich der Nutzung eines elektronischen Kommunikationssystems (gemäß Art. 23 Abs. 6 der Verordnung 2021/821) und des Einbezugs der „Koordinierungsgruppe Güter mit doppeltem Verwendungszweck“ (Art. 24).

Kommentar:

Die Empfehlung verfolgt einen pragmatischen Mittelweg zwischen nationaler Souveränität und unionsweiter Harmonisierung. Zwar bleibt das Recht der Mitgliedstaaten zur autonomen Einführung nationaler Listen unangetastet, doch der Appell zur freiwilligen Koordination dürfte politischen und praktischen Druck erzeugen, die Divergenzen zu verringern.

Für Unternehmen bedeutet dies mittelfristig eine größere Vorhersehbarkeit, insbesondere im grenzüberschreitenden Handel innerhalb der EU. Die Maßnahme ist zudem ein Indikator für die fortschreitende Integration des europäischen Exportkontrollsystems, insbesondere vor dem Hintergrund geopolitischer Herausforderungen und zunehmender Sensibilität für sicherheitsrelevante Technologien.

Dies wird mit Blick auf die US-Exportkontrollen gegen China sicherlich auch Auswirkungen auf diesen Regelungsbereich haben. Stichwort: Three-Tier System.

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